Prof. Dr. Dr. Daniel von Wachter im Interview in Colin Barkes und Stephan Langes Podcast „Glaube ist frag-würdig“. Herunterladbar sind die Folgen auf podcast.de. Weitere Plattformen: Youtube, letscast.fm, Spotify, Amazon.de, podcasts.google.com, podcasts.apple.com, Stitcher, Deezer, listennotes.com, podtail.com, Tunen, Pocketcasts, Podcast Addict, RSS-Feed.

Gottes Eigenschaften – alles nur ausgedacht?

Wie finden wir heraus, welche Eigenschaften Gott hat, wenn er existiert? Wir finden wir heraus, was für ein Gott existiert?

Podcast vom 21. Mai, 2023. mp3-Datei herunterladen auf Podcast.de. letscast.fm. Youtube.

Das Urheberrecht liegt beim Sprecher, beim Zitieren muß der Name genannt werden.

Transkript

(Der folgende Text wurde überarbeitet, der gesproche Wortlaut weicht manchmal von ihm ab.)

Interviewer: Herzlich willkommen zu unserem Podcast „Glaube ist frag-würdig“. … Ich freue mich sehr, daß wir heute Professor Dr. Dr. Daniel von Wachter dabei haben. … Es wird heute um das Thema gehen: Wenn es Gott gibt, wie ist er eigentlich? Welche Eigenschaften hat er? Und woher wissen wir das überhaupt? Woher weiß man so genau, wie die Eigenschaften Gottes sind? Wenn ich es recht verstanden habe, spielen ja Begriffe wie Kohärenz und Einfachheit eine grundlegende Rolle. Das muß man gewiss näher erklären, was das heißt. Und was meint man damit? Zweite Frage Warum sind gerade diese beiden Begriffe bei der Bestimmung von Gottes Eigenschaften so zentral?

00:07:15:05

Daniel von Wachter: Woher wissen wir eigentlich, was für Eigenschaften Gott hat? Oder warum glauben wir oder glauben nicht an eine bestimmte Art von Gott? Und wie geht man richtig die Frage an: Ist Gott so und so? Ist er jetzt Person oder nicht? Ist er in der Zeit oder außerhalb der Zeit? Es sieht wie eine starke Behauptung aus, wenn jemand sagt, Gott ist Person und ist allwissend. Aber es ist erst einmal nur eine Begriffsbildung. Das heißt, man bildet einen Begriff Gottes, also eine Beschreibung, ein Bild von Gott, das man im Kopf hat und mit dem Wort Gott verbindet. Man braucht so ein Bild, wenn man sich auf die Suche machen möchte, ob es einen Gott gibt, denn man muß ja wissen, nach was man sucht. Man kann jeden Gottesbegriff bilden und nehmen und untersuchen, ob es so einen Gott gibt.

Wenn man zwei Alternativen hat, dann kann man sie beide untersuchen. Das heißt, es ist in der Bildung des Gottebegriffes noch keine Behauptung drin. Die Behauptung kommt dann erst, wenn man die Existenz des betreffenden Gottes behauptet. Also wenn wir uns an die Frage machen, ob es einen Gott gibt, dann müssen wir den Gottesbegriff erst mal bilden, wir müssen uns erstmal klarwerden darüber, was wir mit Gott meinen.

In der Praxis fängt man da natürlich nicht im luftleeren Raum an, sondern man hat etwas über Gott in der Kindheit gehört, und da gibt es einen Sprachgebrauch. Es gibt Gottesvorstellungen in der Zeit, in der man gerade ist. Daher ist es nicht ganz zufällig, wo man anfängt.

Wenn man mit jemandem über die Existenz Gottes diskutiert, dann muß man sich erstmal darüber klar werden, welchen Gott man meint. Da kann es sein, daß man dann mehrere Gottesbegriffe findet. Wenn man sich nicht entscheiden kann, dann sagt man: schauen wir jetzt erst mal den einen an und danach den anderen.

Es gibt aber doch Kriterien, mit denen man, schon bevor man die Indizien untersucht, den einen oder anderen Gottesbegriff ausscheiden kann oder ihnen gegenüber einen anderen Gottesbegriff als aussichtsreicher erkennen kann. Da ist zum ersten die Kohärenz. Mit Kohärenz meinen wir, daß die Elemente, die man im Begriff zusammenfügt, mit einander vereinbar sind, also zum Beispiel das Personsein und das Allwissendsein oder das Allmächtigsein und das Gutsein. Wenn wir versuchen, uns einen Gegenstand vorzustellen, der die Eigenschaften hat, knirscht es da, oder ist da ein Widerspruch? Kriterium Nummer eins ist also, daß das Gottesbild oder der Gottesbegriff, den man untersucht, kohärent ist. Da darf nichts knirschen, zumindest nicht schlimm knirschen. Es darf nicht den Eindruck erwecken, daß so ein Gegenstand, so ein Gott, unmöglich wäre. Wenn man bei einem Gottesbegriff den Eindruck hat, daß seine Elemente mit einander unvereinbar sind, dann hat man schon den ersten Grund dafür zu glauben, daß es so einen Gott nicht gibt.

Das zweite Kriterium ist die Einfachheit. Dieses verwenden wir auch bei anderen Fragen, mit denen wir Hypothesen oder die Existenz von etwas untersuchen. Wenn man einen Banküberfall untersucht, dann nimmt man erst mal nur einen Bankräuber an, bis man Hinweise darauf hat, daß es zwei waren. Es können natürlich auch 37 gewesen sein, die könnten alle nebeneinander gestanden haben. Dies wäre auch mit den Indizien vereinbar. Aber wir nehmen nicht mehr Gegenstände an, als nötig ist. Wir nehmen zwei an, sobald es ein Hinweis darauf gibt, z.B. eine Zeugenaussage oder Fußspuren.

Auch bei den Eigenschaften zieht man normalerweise Hypothesen vor, die einfach sind. Die kompliziertere Hypothese nimmt man erst an, wenn es besondere Hinweise darauf gibt. Das spielt auch bei der Gottes Hypothese eine Rolle. Zum Beispiel nimmt man erstmal nur einen Gott an, obwohl man ja auch sieben annehmen könnte. Aber erstmal sagt man, es ist nur einer. Im Christentum kommt dann tatsächlich eine Offenbarung hinzu, aus der man ableitet, daß es tatsächlich drei göttliche Personen gibt, die eine Einheit bilden. Aber erstmal nimmt man das nicht an, sondern das nimmt man nur aus der Offenbarung an.

Interviewer: Da habe ich eine Rückfrage zum Kriterium der Einfachheit. Einfachheit ist doch oft kein Zeichen von Qualität, sondern manchmal das Gegenteil. Eine einfache Erklärung muß ja nicht die richtige Erklärung sein.

00:15:49:19

Daniel von Wachter: In der populären Literatur wird manchmal gesagt: „Das ist zu einfach.“ Man hält einer These entgegen, daß diese zu einfach sei. Das trifft manchmal in dem Sinne zu, daß der Sprecher die Indizien nicht richtig betrachtet hat oder die These nicht genau formuliert hat. Aber dennoch gilt: bei gleicher Erklärungskraft ist die einfachere Hypothese die wahrscheinlichere. Also von der Hypothese her ist es tatsächlich so, daß die einfache vorzuziehen ist und nicht die komplizierte, und schon gar nicht eine inkohärente oder mystische These. Die einfache ist vorzuziehen.

Meistens machen wir das automatisch richtig. Keiner sagt ja, daß es 17 Götter gibt. Es kommt gar nicht die Diskussion auf, weil das jeder intuitiv richtig macht, daß er nicht 17 annimmt, sondern erst mal nur einen.

00:18:57:09

Interviewer: Du hast ja gerade ein paarmal gesagt, daß Gott in der Regel als Person beschrieben wird. Das könnte ja erst mal verwirren, weil häufig ja Person mit Menschsein einhergeht. Aber was meinst du damit? Oder was meint man in der Religionsphilosophie damit, wenn man sagt Gott ist eine Person?

Daniel von Wachter: Manchmal sagen Menschen, an einen persönlichen Gott glauben sie nicht, aber an etwas Höheres oder an eine Energie schon. Von so einer Energie hat man aber gar keine klare Vorstellung, und deshalb gibt es auch keine guten Gründe dafür, daran zu glauben. Daß Gott Person ist, soll nur heißen, daß er handeln kann und daß er aus Gründen handeln kann. Aus unserem Umgang mit der Welt wissen wir, was Personen sind und daß es sie gibt. Und wir wissen, daß es Sachen gibt, die keine sind. Tiere handeln auch, aber wir bezeichnen sie nicht als Personen, und zwar deshalb, weil Tiere nicht rational sind. Sie handeln nicht aus Gründen. Mein Hund handelt, weil er Zuwendung will oder was zu fressen oder weil er Angst hat. Daß Gott Person ist, heißt, daß er aus Gründen handeln kann. Er tut etwas, weil es gut ist; er tut etwas nicht, weil diese Handlung schlecht wäre.

Gründe sehen wir vor dem geistigen Auge. Die wiegen wir nicht mit Waagen, sondern wir sehen sie mit dem inneren Auge. Wir stellen sie in unserem Bewusstsein vor, wir finden sie in unserem Bewusstsein. Wir erfassen sie geistig und wägen sie dann ab. Wir können die Gründe gegeneinander abwägen. Manchmal spricht für das eine ein Grund, und der andere Grund spricht dagegen. Und daß wir Gott als Person annehmen, ist nicht eine christliche Forderung, sondern auf einen Gott, der Person ist, kommt man ganz einfach deshalb, weil es für einen Glauben an einen anderen Gott gar keine guten Gründe gibt.

Wenn wir die naturgesetzlichen Erklärungen der physikalischen Ereignisse haben, dann können wir immer noch weiterfragen, ob es denn eine persönliche Erklärung gibt. Es ist dann immer noch möglich, daß es eine persönliche Erklärung gibt, nämlich jemanden, der das betreffende Ereignis hervorgebracht hat oder der das Universum und die Naturgesetze hervorgebracht hat und erhält.

So ist es auch bei Gott. Da gibt es viele Dinge im Universum, über die Menschen sagen: So etwas kann doch nicht aus Zufall entstanden sein, das muß doch jemand erschaffen haben. In diesem Schluß steckt eine persönliche Erklärung. Nur der persönliche Gottesbegriff bietet eine über die materiellen Erklärungen hinausgehende Erklärungskraft. Deshalb ist nur der persönliche Gottesbegriff interessant. Nur für die Existenz eines persönlichen Gottes gibt es wirklich Indizien. Nur für so einen Gott sind die Existenz des Universums oder der Anfang des Lebens oder die Lebewesen überhaupt oder unser freier Wille Indizien. Denn nur, wenn Gott Person ist, kann er eine weitergehende Erklärung liefern. Daher betone ich das Personsein Gottes. Das hat für unser Leben Bedeutung, weil die letzte Ursache, die letzte Erklärung von allem eine Person ist.

Diese Frage, ob die letzte Ursache etwas Materielles, Nichtlebendiges oder aber eine Person ist, das ist die größte Frage, vor der wir stehen. Wenn die letzte Ursache eine Person ist, dann ist sie so etwas wie wir auch. Das legt dann auch nahe, daß diese letzte Ursache etwas mit uns zu tun haben möchte, daß sie eine persönliche Beziehung mit uns aufnehmen möchte.

00:26:24:24

Interviewer: Das bringt uns zu der Kernfrage der heutigen Folge. Woher wissen wir jetzt eigentlich, wie dieser Gott ist? Ist er Person? Welche Eigenschaften hat er? Sehen wir drei Eigenschaften an. Gemäß dem Christentum ist Gott allwissend, allmächtig und vollkommen gut. Woher wissen wir, daß Gott, wenn es ihn gibt, nicht anders sein kann als allwissend?

Daniel von Wachter: Wir sind jetzt Dingen im Universum auf der Spur, für die es eine weitergehende personale Erklärung gibt. Dann muß die Erklärung eine Person sein. Sie muß entsprechende Macht haben, wenn sie das Universum hervorbringen können soll. Und sie braucht Wissen, um die Macht zur Erschaffung eines Universums einsetzen zu können. Gott muß Macht und Wissen haben, wenn es Indizien für ihn geben soll. Wenn es einen Gott gibt, dann eine Person, die mächtig und wissend ist, weil die Annahme eines anderen Gottes würde nichts erklären.

Die Indizien würden auch die Hypothese eines Gottes stützen, der nicht allwissend ist, sondern in dessen Wissen eine kleine Ecke fehlt, die überhaupt nie auffällt oder nicht relevant ist oder die von Dingen handelt, die es gar nicht gibt oder nie geben wird. So ein Gott wäre praktisch und theoretisch fast ununterscheidbar. So ein Gott, der ein kleines bißchen weniger Wissen hat, der hätte die gleiche Erklärungskraft. Aber aus Gründen der Einfachheit sagt man dann lieber, Gott sei allwissend. So eine unendliche Eigenschaft ist einfacher als irgendein ganz bestimmtes, sehr hohes Maß. Das ist der Gedankengang dahinter.

Bei der Macht wäre es genauso. Bezüglich aller Indizien, die wir finden, würde ein Stück weniger Macht auch genügen, um dieses Indiz hervorzubringen. Das heißt die gleichen Indizien würden einen Gott, der ein klein bißchen weniger Macht hat, genauso stützen. Es sind also rein apriorische Erwägungen, die einen dann dazu führen, einen allmächtigen Gott anzunehmen, und nicht einen, der ein klein bißchen weniger Macht hat.

Begriffe haben ja einen Spielraum. Das heißt, in ihnen sind nicht alle Gegenstände der unter sie fallenden Gegenstände genau festgelegt. Man könnte in den Gottesbegriff hineinschreiben, daß Gott sehr mächtig ist, oder mindestens so mächtig, daß er so ein Universum hervorbringen könnte. Aber aus Gründen der Einfachheit nimmt man einen Gott an, dessen Fähigkeiten grenzenlos ist. Er ist grenzenlos, grenzenlos, wissend, grenzenlos mächtig und auch zeitlich grenzenlos.

00:32:05:04

Interviewer: In dieser Welt haben wir ja unendlich viel Leid auf der Welt im Universum. Wie kommt man dann darauf, daß das Gott vollkommen gut ist?

Daniel von Wachter: Und ob er überhaupt gut ist. Es ist wichtig, sich darüber mal Gedanken zu machen. Wenn wir nur Gott definieren würden als ein eine allmächtige, körperlose, allwissende Person, dann wüssten wir gar nicht, was er tut. Oder genauer gesagt, dann hätte die Gottes Hypothese keine Vorhersagekraft. Wir wüssten überhaupt nicht, was er hervorbringen würde. Wir wüßten zum Beispiel nicht, ob er ein Motiv dafür hätte, Lebewesen zu erschaffen. Daher wüßten wir dann auch nicht, ob die Lebewesen ein Indiz für die Existenz Gottes sind. Wenn Gott hingegen gut ist, dann dann wäre die Existenz von Leben ein Indiz für die Existenz Gottes, weil Leben etwas Gutes ist. Für die Erklärungskraft der Gottes Hypothese ist also Gottes Gutsein wesentlich, denn wir wissen viel darüber, was ein guter Gott täte oder zumindest zu tun Grund hätte.

Oft wird gesagt, die Gründe Gottes seien unergründlich; wir wüßten gar nichts über Gott. Manchmal wird sogar aus mystischen Gründen gesagt, wir wüßten über Gott nur, was er nicht ist. Wir wissen gar nichts über den Sinn Gottes. Gott übersteigt all unser Denken. – Doch wenn Gott nicht gut ist, dann wissen wir nicht, was er schaffen würde. Und dann gibt es auch keine Indizien für ihn. Wenn er hingegen gut ist, dann wissen wir sehr wohl einiges über seinen Charakter, wir wissen dann etwas darüber, was er will. Wir wissen dann, daß er das Gute will. Und da wir durch Nachdenken und Gewissenserforschung und durchein gewisses moralisches Gefühl eine Einsicht darin haben, was gut ist und was böse ist, haben wir eine Einsicht darin, was ein guter Gott wollen und tun würde. Das Gutsein Gottes für die Erklärungskraft der Gotteshypothese entscheidend. Darüber hinaus ist es ein Weg, wie wir Gott kennenlernen können.

Das Gutsein Gottes ist nicht nur zur Gotteshypothese hinzugefügt, sondern es hängt mit den anderen Eigenschaften zusammen, es fließt aus ihnen heraus. Wir Menschen tun oft etwas Schlechtes. Es gibt, allgemein gesagt, zwei Arten von Gründen. Manchmal tun wir etwas Schlechtes, weil wir nicht wissen, wie es richtig wäre. Wir sind zumindest halb im Dunkeln. Wir tapsen herum und tun dann auch mal etwas Schlechtes. Und der andere Grund, weshalb wir Schlechtes tun, sind unsere Neigungen. Manchmal haben wir Neigungen, etwas zu tun, was eigentlich schlecht ist. Wir sind beispielsweise neidisch und nehmen dann etwas weg. Oder wir sind missgünstig und erschweren deshalb jemandem eine gewisse Tätigkeit. Oder wir verbreiten einen schlechten Ruf. Wir reden schlecht über jemanden und tun dadurch Schlechtes. Das tun wir, weil wir eine Neigung haben. Wenn wir keine Neigungen hätten, würden wir nichts tun, was wir für schlecht halten. Wenn wir nur durch unsere Überzeugungen zum Handeln motiviert würden, dann würden wir nie etwas tun, was wir für schlecht halten. Dann würden wir nie gegen unser Gewissen, gegen unsere Überzeugungen handeln. Da Gott keine nichtrationalen Neigungen hat, kann er nichts Schlechtes tun. Er handelt nur aus dem Wissen darüber, was gut ist. Gott wird rein vom Guten getrieben. Das Gute ist das einzige, was Gottes Handeln motiviert. Da Gott keine Triebe hat, die ihn davon abhalten könnten, das Gute zu tun, tut er immer das, was er für gut hält. Und da er allwissend ist, weiß er stets, was gut ist, daher tut er stets das Gute. So ergibt sich Gottes vollkommenes Gutsein.

Gottes Gutsein ergibt sich auch aus dem Schöpfungsbericht. Dort heißt es, Gott schuf die Tiere am soundsovielten Tag, und danach heißt es „Und er sah, daß es gut war“, und beim Menschen heißt es: „Und er sah, daß es sehr gut war.“ Und dieses Sehen, daß es gut war, geht nur dann, wenn also der Gegenstand gut ist. Gott hat das Universum erschaffen, weil es gut ist. Gottes Handeln wird also durch das Gute motiviert, das heißt, er ist gut.

Im Islam hingegen besteht wohl eine Gottesvorstellung, nach der Gott nicht gut ist, sondern der allmächtige Boss ist. Gott kann tun, was er will.

Manchmal gibt es auch die Intuition: Wenn Gott gut ist, dann ist er gebunden daran, das Gute zu tun. Das würde ihn doch einschränken in seiner Macht oder in seiner Herrlichkeit oder in seiner „Souveränität“. Der höchste Gott wäre doch einer, so denken manche, der keine moralischen Maßstäbe über sich hat, sondern Maßstäbe für andere setzt. Er unterliegt kein Maßstäben. Das ist der „souveräne“ Gott, der Gangsterboss-Gott, ein alles kontrollierender und bestimmender allmächtiger Willkürherrscher. Er tut einfach, was er will, und er gibt anderen Befehle, so daß die dann gehorchen müssen. Aber er selber unterliegt keinen solchen Vorschriften. Vielleicht ist der moslemische Gott so. Auch im Calvinismus begegne ich manchmal dieser Gottesvorstellung, aber eigentlich hat man diese Vorstellung im Christentum zu Recht immer abgelehnt. Ich bin nicht sicher, wann die Aussage „Gott ist souverän“ aufkam, denn in der Regel sagte man, daß Gott allmächtig ist. Wenn das Souveränsein etwas anderes sein soll als Allmächtigsein, dann würde das heißen, daß Gott nicht gut ist. Insgesamt wurde das im Christentum für eine falsche Lehre gehalten. Das nannte man Voluntarismus. Dagegen hat man immer gehalten, daß Gott gut ist, und daß das, was gut ist, jetzt auch nicht einfach seine Entscheidung ist, sondern was gut ist, das ist irgendwie Teil seines Wesens, oder das ist zumindest nicht in seiner willentlichen Verfügung. Man kann sagen, daß es ein Teil Gottes ist. Was Gott tut, ist immer das Gute. Da, wo es verschiedene Handlungsmöglichkeiten gibt, die gleich gut sind, tut er eine beliebige von ihnen. Aber dort, wo es eine beste Handlung gibt, da tut er diese.