Proseminar im Sommersemester 2006 am Philosophie-Department der Universität München
Donnerstags, 9-11 h, HGB E 206. Erste Sitzung: 27.4.2006. Letzte Sitzung 20.7.2006 (die Sitzung am 27. Juli entfällt)
Dozent: Dr. Dr. Daniel von Wachter (herunterladbare Veröffentlichungen), Epost (Die Epostadresse ergibt sich, wenn man in epost@abc.de "abc" durch "von-wachter" ersetzt.)
Universität München, Institut für Philosophie, Lehrstuhl
III,
Tel. 3266 8066; Büro A U 126 (früher K17b) (Eingang
Amalienstraße, dann links die kleine Treppe hinunter, dann gegenüber
auf der anderen Seite des Tunnels). Sprechstunde nach Vereinbarung. Für
Fragen stehe ich per E-Post oder Telephon zur Verfügung.
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Gibt es wahre Aussagen der Form "Müllers Ehebruch war böse"? Sind Gut und Böse relativ? Wenn es keine wahren moralischen Urteile gibt, sind moralische Urteile in Wirklichkeit alle falsch, oder sind sie keine Behauptungen, sondern vielmehr Ausdruck von Gefühlen? Wenn es wahre moralische Urteile gibt, woran liegt ihre Wahrheit? Bestimmt die Gesellschaft oder die Erziehung, was gut und was böse ist, oder sind moralische Tatsachen - wie andere Tatsachen auch - unabhängig davon, was Leute meinen? Wie kann man ggf. moralische Tatsachen erkennen? Kann man moralische Tatsachen nur annehmen, wenn man die Existenz Gottes annimmt? Ist also, wie Dostojewski schreibt, wenn es keinen Gott gibt, alles erlaubt?
Wir werden in dieser Lehrveranstaltung trainieren, philosophische Auffassungen zu entwickeln und zu verteidigen. Methoden philosophischen Forschens und das Schreiben von philosophischen Aufsätzen werden wir einüben.
Außerdem sind die folgenden wohlfeilen Reclam-Heftchen zu empfehlen: Mackie: Ethik; Moore: Principia Ethcia (deutsche Übersetzung); R. Spaemann: Philosophische Essays.
Kopien von Texten für dieses Proseminar liegen im Kopierladen in der Amalienstraße 75 für Sie für 6,50 Euro (3,5 Cent/Seite) bereit. Tolle & lege! (Nimm und lies)
Es gibt einen Epostverteiler (bei Majordomo beim LRZ) für diese Lehrveranstaltung, über die Information verbreitet wird und über die die Teilnehmer kommunizieren können. Bitte tragen Sie sich in diese Liste so bald wie möglich ein. Zum Eintragen (und auch zum selbsttätigen Abbestellen) bitte hier klicken (oder hier klicken und den entstehenden E-Brief im Format Nur-Text (nicht HTML) wegschicken) und den daraufhin empfangenen Ebrief mit dem Betreff "confirmation for subscribe chips" wie darin beschrieben mit einem Ebrief mit dem Text "auth XXX subscribe wachter-lv1 josef@musteradresse.de" beantworten. Tragen Sie sich auch ein, wenn Sie noch nicht sicher wissen, ob Sie das Proseminar besuchen wollen. Bei Schwierigkeiten wenden Sie sich bitte an mich.
Für jede Sitzung ist ein Text von 10-20 Seiten als
Pflichtlektüre aufgegeben. Bitte bringen Sie diese Texte stets in die
Sitzungen mit.
Weitere Texte werden angegeben, deren Lektüre zur
Vertiefung empfohlen wird. Beginnen Sie umgehend nach jeder Sitzung mit der
Arbeit an der Pflichtlektüre für die nächste Sitzung. Bitte
lesen Sie die Pflichttexte auch dann, wenn Sie keinen Schein für diese
Lehrveranstaltung benötigen!
Für die meisten Sitzungen bekommen Sie einige Fragen zur kurzen schriftlichen Beantwortung. Das sind entweder Fragen zum Pflichttext (z.B. "Wie beantwortet McNaughton die Frage, ob moralische Tatsachen wahrnehmbar sind?") oder philosophische Fragen, also Sachfragen (z.B. "Sind moralische Tatsachen wahrnehmbar?") oder, zum Einüben des Unterschiedes, beides. Bitte senden Sie Ihre schriftlichen Antworten als Datei (wenn möglich Format Winword oder RTF) bis jeweils Mittwoch 18 Uhr per Epost an "epost ET von-wachter.de". Geben Sie der Datei als Namen Ihren Nachnamen plus Datum, also z.B. "meier-2006-04-17.doc". (Wenn es technische Hindernisse gibt, schicken Sie mir den Text als Ebrief.) Ich empfehle Ihnen, diese Fragen auch dann zu beantworten, wenn Sie keinen Schein benötigen. Wenn Sie ausnahmsweise den Text nicht lesen oder die Fragen nicht beantworten können, sagen Sie mir bitte vor der Sitzung kurz Bescheid, damit ich Sie in der Sitzung dann in Ruhe lasse. Die Aufgaben sind grundsätzlich jede Woche zu einzureichen. Bis zu zwei Mal sind Entschuldigungen möglich.
Es besteht grundsätzlich Anwesenheitspflicht. Entschuldigungen bitte an epostETvon-wachter.de schicken. Fehlen aus schlechtem Grund ist unerwünscht, aber ein bis maximal zweimal möglich. Entschuldigung ist auch bei schlechtem Grund, ohne Angabe des Grundes, nötig. Um pünktliches Erscheinen wird gebeten.
Für den Erwerb eines Scheines ist ein Aufsatz von max. 3000 Wörtern bis zum 31. August oder nach Vereinbarung bis zu einem späteren Zeitpunkt in den Semesterferien zu schreiben. (Einreichen per E-Post ist möglich. Format möglichst Winword, rechts 5 cm Rand lassen. Seitenzahlen. Zeilenabstand 1,5.) Dieser Aufsatz soll eine Antwort auf eine philosophische Frage sein (z.B. "Gibt es wahre moralische Überzeugungen?" oder "Motivieren moralische Überzeugungen?"). Die Aufsätze sollen den Ratschlägen zum Schreiben eines philosophischen Aufsatzes folgen (oder aus guten Gründen von ihnen abweichen) und nichts Überflüssiges enthalten. Themenvorschläge und Literaturangabe werden unten zu finden sein.
Für die Gesamtnote werden sowohl die wöchentlichen Aufgaben als auch der Aufsatz berücksichtigt. Besondere Leistungen in den Sitzungen können zu einer Aufwertung der Gesamtnote führen; wiederholte Unkenntnis der Pflichttexte in den Sitzungen kann zu einer Abwertung der Gesamtnote führen.
Unser Haupttext, das Buch von David McNaughton, ist auf deutsch erhältlich, einige der Texte, mit denen wir uns befassen werden, gibt es aber nur auf englisch. Nehmen Sie das als Gelegenheit, Ihr Englisch zu trainieren.
Referate von Studenten wird es keine oder nur einige wenige geben. Die meisten Sitzungen werden aus Diskussion und Vortrag bestehen. Im Unterschied zu einer Vorlesung werden die Vorträge keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben, sondern hauptsächlich dazu dienen, die Diskussion anzustoßen und zu strukturieren und einen Überblick über das betreffende Problemfeld zu geben.
In dieser Lehrveranstaltung werden Sie angehalten, Ihre eigene Auffassung zu entwickeln (dabei aber offenen Geistes zu bleiben). Der Dozent wird manchmal die verschiedenen Auffassungen nebeneinander stellen und manchmal seine eigene Auffassung verteidigen, Sie sollen dann dagegen argumentieren. Natürlich können Sie jede mögliche Auffassung verteidigen (wenn Sie wollen, auch eine andere als die Ihre).
Gibt es wahre moralische Urteile?
Wie ist Willensschwäche möglich? (Oder: Was ist Willenschwäche?)
Sind gut und böse relativ?
Was motiviert Handlungen? (Oder: Was motiviert moralische Handlungen?)
Haben (wenn es einen Gott gibt) alle Pflichten ihren Grund in Geboten Gottes?
Wie ist Bosheit möglich? (Oder: Was ist Bosheit?)
Warum sollte man (in bestimmten Situationen) tolerant sein?
Gibt es Pflichten unabhängig von Gesetzen? ODER: Sind Gut und Böse von den Gesetzen abhängig? (Vorsicht, die Antwort könnte lauten: manchmal hat man die Pflicht, einem Gesetz zu gehorchen, aber manchmal hat man die Pflicht, einem Gesetz zuwiderzuhandeln.) Literaturangaben dazu unten unter "Rechtspositivismus versus Naturrecht".
Die Powerpoint-Folien von jeder Sitzung werden hier zum Herunterladen bereitgestellt. (Die einzelnen Dateien werden nötigenfalls erweitert. Sie müssen also ggf. Dateien neu herunterladen.) Wer Powerpoint nicht hat, kann sich kostenlos den Powerpoint-Viewer von hier oder von Microsoft.com herunterladen.
Erste Sitzung. Einführung. Organisatorisches.
Außerdem: 20.00h informelles Treffen im Wirtshaus Atzinger, Schellingstraße 9.
In dieser Sitzung werden wir Fertigkeiten zum Verstehen eines Textes einüben, die in den folgenden Sitzungen vorausgesetzt werden.
Pflichtlektüre: McNaughton, Kap. 1.
Aufgabe:
Das ganze Kapitel 1 lesen.
Für Kap. 1.3.
und Kap. 1.4.: Gründlich lesen, in Sinnabschnitte einteilen, jeden
Abschnitt in einem Satz zusammenfassen und mit einer Überschrift versehen.
Bitte bis Mittwoch 18.00 Uhr einschicken an epostETvon-wachter.de.
Pflichtlektüre: McNaughton, Kap. 1.
Aufgabe: Geben Sie eine kurze schriftliche Antwort auf die folgenden Fragen:
Weitere Lektüre:
Pflichtlektüre: McNaughton, Kap. 2.1.-2.4.
Information zu Bibliographieprogrammen. Kostenlos ist LitLink.
In der dt. Übersetzung des Buches von McNaughton ist in Kap. 2.3.
"moral conviction" falsch mit "Verpflichtung" übersetzt. Richtig wäre
"moralische Überzeugung".
Die Unterscheidung zwischen 1. moralischer
Überzeugung, 2. Pflicht und 3. Vorschrift (oder Gesetz) ist
unerläßlich. Pflicht ist von Vorschrift und Gesetz zu unterscheiden,
denn eine Vorschrift bringt nur in bestimmten Fällen eine Pflicht hervor,
z.B. wenn ein Vater seinem Sohn aufträgt, das Geschirr abzuspülen,
oder das Gesetz vorschreibt, nicht schneller als 130 km/h zu fahren. Eine
Vorschrift führt dann nicht zu einer Pflicht, wenn das
Vorgeschriebene unmoralisch ist oder wenn der Vorschreibende nicht das
(moralische) Recht hat, das Betreffende vorzuschreiben. Daraus daß Ihnen
jemand (oder das Gesetz) sagt "Du hast die Pflicht, H zu tun", folgt nicht,
daß Sie wirklich die Pflicht haben, H zu tun. Die meisten Pflichten
entstehen nicht durch Vorschriften. (Bedenken Sie die Beziehung zwischen
totalitären Regimen und dem Glauben, daß Pflichten von den Gesetzen
abhängig sind.)
Beispiele dazu: Auch wenn ein Gesetz sagt "Behinderte
sind zu töten", ist das Töten von Behinderten unmoralisch, d.h. man
hat die Pflicht, Behinderte nicht zu töten. Anderes Bsp.: Daß
man das Recht hat, seine Kinder selbst zu erziehen, ist unabhängig davon,
ob das Gesetz dies für erlaubt oder für verboten erklärt. Das
Grundgesetz Art. 6 nennt es daher ein "natürliches Recht". (Über
"Naturrecht" werden wir noch sprechen.)
Zur Erinnerung: Der Realismus ist die These, daß es wahre moralische Einzelurteile gibt wie z.B. "Müllers Mord an Huber war eine böse Tat". Er sagt nichts darüber, wie und wie gewiß die Wahrheit solcher Urteile erkannt werden kann. Er ist nicht die These, daß es wahre moralische Allgemeinurteile wie z.B. "Töten ist immer böse" gibt. (Vgl. dazu "Moral Particularism" in SEP.)
Zum Nachdenken: Wie unterscheiden sich die folgenden Fälle, und wird all diesen Fällen die Überzeugung-Wunsch-Theorie gerecht?
Pflichtlektüre: McNaughton, Kap. 2.5.-2.9.; und JL Mackie, Ethik/ Ethics, Kap. 1.
(Wie immer sind nur kurze Antworten nötig; aber zur Übung können Sie auch längere Antworten geben.)
Pflichtlektüre: McNaughton, Kap. 3.
Tun Sie so, als ob Sie Realist wären, und beantworten Sie die Frage "Wie können moralische Überzeugungen gerechtfertigt sein?". (Siehe dazu besonders Kap. 3.5. und 3.6. Relevant ist auch der Text von Swinburne, der in der Kopiervorlage enthalten ist.)
Pflichtlektüre: McNaughton, Kap. 7 (über moralische
Motivation).
Ferner: Lowe, E. J. 2003. "Rational Action, Freedom, and
Choice." Progress in Complexity, Information, and Design 2,
Artikel
als PDF-Datei herunterladen (auch auffindbar über
http://oaister.org).
Beantworten Sie mit mind. 500 Wörtern (eine Seite) folgende Frage: Was motiviert eine Handlung?. Berücksichtigen Sie dabei sowohl die Belief-Desire-Theory als auch den internalistischen Realismus.
Pflichtlektüre: McNaughton, Kap. 8 (Über Willensschwäche)
Beantworten Sie mit mind. 500 Wörtern (eine Seite) folgende Frage: Wie ist Willensschwäche möglich? Berücksichtigen Sie dabei mind. zwei Auffassungen.
Pflichtlektüre: R. Swinburne: The Coherence of Theism, Kap. 11, sowie die anderen beiden kopierten Texte. Lesen Sie mindestens einen dieser Texte gründlich, so daß Sie die Grundstruktur des Problems verstanden haben, die anderen beiden können Sie dann oberflächlicher lesen.
Beantworten Sie mit mind. 500 Wörtern (eine Seite) folgende Frage: Haben, wenn es einen Gott gibt, alle Pflichten ihren Grund in Geboten Gottes?
Sie können statt dessen Ihre Hausaufgabe für letzte Woche
(Willensschwäche) oder die für den 22. Juni (Motivation) VERBESSERN.
Also: Klarer schreiben, einen zielführenden roten Faden legen, die
alternativen Positionen klar nebeneinander stellen, eine Antwort geben, etc.
Lesen Sie dazu die
Ratschlägen
zum Schreiben eines philosophischen Aufsatzes.
Lesen Sie dann aber
bitte dennoch die Texte zum neuen Thema.
Pflichtlektüre: McNaughton, Kap. 9 (über Bosheit)
Beantworten Sie mit mind. 500 Wörtern (eine Seite) folgende Frage: Was ist Bosheit? Berücksichtigen Sie dabei mind. zwei der im Pflichttext untersuchten Auffassungen.
Pflichtlektüre: McNaughton, Kap. 10 (über die
Verschiedenheit von Kulturen)
R. Benedict: "Defending Cultural
Relativism".
Gensler & Tokmenko: "Against Cultural Relativism"; beide
Texte sind in der Kopiervorlage und stammen aus: Ethics: contemporary
readings, Hg. H. Gensler.
Diesmal keine Pflichtaufgabe! Bereiten Sie sich auf die Diskussion über Relativismus und moralischen Realismus in der Sitzung vor.
Frage: Spricht die Verschiedenheit der Kulturen gegen objektive Moral?
fd
(Beachten Sie, daß die Behauptung, daß es objektive moralische Gesetze gibt, noch über die z.B. von McNaughton vertretene Behauptung, daß es objektive moralische Tatsachen gibt hinausgeht. Man kann behaupten, daß es wahre moralische Einzelurteile gibt wie "Müllers Mord an Huber war böse", ohne zu behaupten, daß es wahre moralische Allgemeinurteile gibt wie "Töten ist (immer) böse".)
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